Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster: Kein Mensch muss die Great Ocean Road in Australien abfahren, wenn er die Küstenstrecke Zadar-Dubrovnik noch nicht gesehen hat. Fast 400 Kilometer an der kroatischen Adria entlang, links Gebirge, rechts geht’s steil runter, dazwischen Badebuchten und kleine Städtchen, die mit so mittelbescheidenen Slogans werben wie: „Brela – Insanely Beautiful“. Da will man sich schon lustig machen, merkt dann aber: „Verdammt – die haben recht!“
Die Küstenkroaten wissen natürlich, wie schön es hier ist und sind stolz darauf. Zum Beispiel die Angestellte auf einem Campingplatz nahe Trogir:
Ich: „Was gibt es denn eigentlich so im Nordosten und im Landesinneren von Kroatien zu sehen?“
Sie: „Nothing.“
Ich: „Haha, nee, jetzt mal im Ernst?“
Sie: „Nothing. Save your money, save your time, stick to the coast.“
Ich: „So schlimm?“
Sie: „It’s like… going to Bulgaria“.
Ich: „Äh… Da wollen wir auch noch hin.“
Sie: „Oops.“
Apropos Menschen hier: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Festland- und Inselkroaten. Während der Festlandkroate manchmal ein bisschen kontaktscheu wirken kann („Do you speak English?“ – „No.“ – „You’re sure?“ – „I am absolutely positive, yes.“), ist der Inselkroate ganz anders drauf. Man hat sein Eiland kaum betreten, wird einem schon Wein eingeschenkt, die Stirn mit Lavendelöl massiert und die Tochter zur Ehelichung angedient. Inseln tun den Menschen einfach gut. Schade, dass das bei den Engländern manchmal nicht so rauskommt.
Wer auf europäische Geschichte steht, ist hier auch bestens aufgehoben: In Städten wie Zadar, Split und Trogir war eigentlich jeder mal, der irgendwas in Europa zu sagen hatte oder gerne gehabt hätte: Römer, Venezianer, Österreicher, Türken – es gibt kaum einen Landstrich, in dem der europäische Kulturen-Gangbang besser sichtbar wäre.
Und dann: Dubrovnik. Eine Stadt, die so jenseits unserer Realität schwebt, dass sich hier Filmteams von Game of Thrones und Star Wars die Klinke in die Hand geben. Wer Dubrovnik sehen will, sollte aber früh kommen. Sowohl was die Uhr- als auch die Jahreszeit angeht: 40.000 Menschen leben hier, während der Saison kommen rund zwei Millionen Touristen dazu, und wenn im Sommer erst mal die Keuzfahrtschiffe anlegen und ihre trägen Buffet-Krieger ausspucken, fragt man sich schon, ob das vielleicht der wahre Grund war, weshalb Cersei in der sechsten Staffel GoT die halbe Stadt wegsprengt.
Laut meinem Taxifahrer ist die nächste große Hollywoodproduktion aus Dubrovnik übrigens ein Robin Hood-Film. „Na Gott sei Dank“, denken jetzt sicher viele, „endlich mal ein Robin Hood Film! Am End wieder mit Kevin Costner? Robin Hood – Helden in orthopädischen Strümpfen?“ Aber langsam, Spötter! Ich werde den Film auf jeden Fall schauen – einfach nur, weil ich wissen möchte, wie die Filmfuzzis es schaffen, eine 35-Grad heiße Mittelmeermetropole mit 250 Sonnentagen im Jahr wie das mittelalterliche Nottingham aussehen zu lassen…