Nach unserem etwas frostigen Start in Tschechien (siehe hier) dachte ich mir: „Wir müssen mal da hin, wo das Herz der Tschechen schlägt. Wo sie Spaß haben. Wo der tschechische Punk abgeht. Der Punkovački, quasi!“
Schnitt.
24 Stunden später saß ich in einem wackeligen Kanu auf der Moldau auf dem Weg von Vyšši Brod nach Budweis.
24 Stunden und 3 Minuten später lag ich zum ersten Mal im Wasser.

Es ist ein Spektakel, das man mal gesehen haben muss: Im Sommer zieht es tausende Tschechen mit Matrosenverkleidung, Musikinstrumenten, Piratenflaggen, Haustieren, aufblasbaren Tieren und sehr viel Alkohol auf ihren Nationalfluss. Da paddeln sie dann mal vorwärts, mal rückwärts, oft seitwärts und manchmal merken sie auch erst nach drei Stunden, dass eigentlich gar keiner paddelt. Hinter jedem Kanu werden an einer Schnur mindestens drei Flaschen sehr starken Alkohols her gezogen, die es meistens aber nur bis zum ersten Wehr schaffen. Sicherheitshalber werden sie vor dem Wehr leergetrunken und danach an einem Kiosk wieder aufgefüllt. Es ist ein bisschen Wacken trifft Ballermann trifft 20 Junggesellenabschiede trifft PUR-Konzert in knietiefem Wasser.

Am ersten Tag findet man das alles ganz schön absurd. Am zweiten Tag hatte ich ebenfalls ein Matrosen-T-Shirt an und öffnete kurz nach dem Frühstück mein erstes Bier. Man muss in so einem Kanu ja ständig die Strömung ausgleichen und nichts macht so hüftweich wie eine Dose Budweiser. Außerdem wird man von den Tschechen viel schneller akzeptiert, wenn man ihren Nationalliedern ein beherztes „In unserm Veedel“ entgegenplärrt.

Gespräche mit Tschechen habe ich immer noch nicht wirklich geführt. Immerhin, hier in Böhmen sprechen viele unsere Sprache, was aber im besten Fall trotzdem nur zu Konversationen wie dieser führt:
„Sprechen Sie deutsch?“
„Ja, ich spreche sehr gut deutsch!“ (rennt weg, verschwindet, und ward nie mehr gesehen)
Wo auch immer der Smalltalk erfunden wurde: in Tschechien war’s nicht.

Aber wenn man nicht plaudert, kann man wenigstens gucken: Die Kulturschätze hier treiben einem nämlich die Schamesröte ins Gesicht. Dass man nicht alles Sehenswerte in Europa gesehen haben kann, ist mir schon klar. Aber dass ich von einem Ort wie Česky Krumlov, von dem offensichtlich an jedem asiatischen Kühlschrank mindestens ein Souvenir-Magnet hängt, noch nicht mal was gehört hatte, macht mich immer wieder sprachlos. Als ich nach zwei Tagen auf und in der Moldau das Schloss, die Steinbrücken, die Kirchen und all die anderen Highlights Krumaus vom Kanu aus sah, hatte ich vermutlich denselben Blick drauf, wie die Hobbits im „Herr der Ringe“, als sie an den Statuen der Altvorderen vorbeischippern. (Körpergrößen-Witze bitte hier einfügen!)

Ach, eines habe ich übrigens auch noch gelernt, hier in Tschechien: Wenn man Douwe Egberts glauben darf, heißt „Smetana“ so viel wie „Kaffeesahne“ (siehe Foto). Der Komponist der Moldau, Bedric Smetana, hieß also eigentlich „Friedrich Kondensmilch“.
Allein das war die Reise schon wert.

P.S.: Nächste Station: Ungarn. Wenn noch jemand nen heißen Insidertipp dazu loswerden will: Immer gerne!