Es muss ja auch mal Schluss sein mit der ewigen Slowenien-Loberei (na gut, kurz noch: Fahrt bitte mal nach Maribor, wandert durchs Pohorje-Gebirge und bummelt danach übers Lentfestival! Wär doch schade, wenn die ganze Schönheit da so umsonst rumsteht), deswegen geht’s heute um ein anderes, stark unterlobtes Land: Österreich. Genauer gesagt: die Steiermark.
Eigentlich wollten wir uns nur Graz anschauen, die zweitgrößte Stadt Österreichs, wo alles ein bisschen unaufgeregter daherkommt als im tendenziös pompösen Wien. Eine der Hauptsehenswürdigkeiten ist zum Beispiel das „Bemalte Haus“ (siehe Foto), was im Grunde, Überraschung!, ein bemaltes Haus ist. Tja. Kann man mal machen. Vielleicht denkt sich ja der ein oder andere Hausbesitzer mit Graffitti-Problem an dieser Stelle: „Na immerhin: in 200 Jahren isses ne Attraktion!“
Viel schöner ist es in Graz sowieso, in einem Café zu sitzen und eine der zahllosen Kaffeespezialitäten zu trinken. Das geht hier nämlich mindestens so gut, wie in Wien. Man bekommt einen kleinen Schwarzen, einen großen Schwarzen, einen kleinen Braunen, einen großen Braunen, einen Verlängerten, einen Verkürzten, einen Gedrechselten, einen Gezwirbelten – offensichtlich bekommt jede einzelne Kaffeebohne, die nach Österreich kommt, direkt eine eigene Zubereitungsart gewidmet.
Ich könnte in Graz schon den halben Tag damit verbringen, Schilder und Plakate zu lesen. Es gibt eine „Schnellsohlerei“ (die „Langsamsohlerei“ ging offenbar in Konkurs), eine „Wurmbrandgasse“ (es werden einfach insgesamt viel zu selten Würmer angezündet!), die „Grazer Wechselseitige“ (klingt nach Swingerclub, ist aber wohl nur eine Versicherung), einen „künstlichen Schlangen-Versteckplatz“ (siehe Foto – Wie langweilig muss einem eigentlich sein, wenn man schon Schlangen versteckt?) und die Straßenbahn heißt „Altstadt-Bim“ (Wenn die Deutsche Bahn also mal wieder nach einem neuen Namen für den ICE sucht: Ich bin für „Überland-Zisch“!).
Ursprünglich wollten wir dann nach Norden weiterfahren, aber nachdem mir jemand hier auf meiner Facebook-Seite mit einem überraschend resoluten „Dreh sofort um!“ die Südsteiermark mehr be- als empfohlen hat (Vielen Dank nochmal!), machten wir tatsächlich kehrt und landeten in Gamlitz an der südsteirischen Weinstraße. Und was soll ich sagen? Es ist perfekt. Grüne Hügel und steile Weinberge, barocke Kirchen und Heiligenfiguren überall, Badeseen, Buschenschänken, Hofkäsereien und an jeder Ecke gibt’s Kernöl, das die berühmten „Steirer Buam“ bekanntlich mit bloßen Händen aus den Kürbiskernen pressen. Wenn man einem Amerikaner sagen würde: „Mal doch mal Europa“, käme vermutlich genau diese Landschaft heraus. Vorausgesetzt, der Amerikaner weiß, dass Europa links und rechts vom Hofbräuhaus noch weiter geht.
Einziges Manko: Wir haben hier tatsächlich zum ersten Mal mit Sprachproblemen zu kämpfen. Bisher kamen wir ja immer ganz gut mit Englisch und Deutsch durch. Was der Steirer so spricht, hat aber wirklich nur noch entfernt mit der deutschen Sprache zu tun. Andererseits fragt man einen Österreicher ja auch nicht einfach so: „Äh sorry, in English maybe?“ Deswegen spielt man das Spiel halt einfach mit und wenn der Kellner nach dem Essen abräumt und sagt: „A Fatschn dutschn lackl gselchtes!“ nickt man halt freundlich und antwortet etwas Unverbindliches wie „Ja, ja, aber morgen soll’s ja wieder schöner werden!“
Wenn es ein Copyright auf Entspannung gäbe, wäre es sicher fest in steirischer Hand. Man kann hier ganz wunderbar hängen bleiben. Aus unserer einen Nacht in der Steiermark wurden jetzt schon drei. Wenn das so weitergeht, dann fatschn dutschn lackl… Verdammt. Geht schon los.
P.S.: Wenn Ihr bei der #EuropaTour gerne mitlest, dann teilt diesen Post! Danke!