„Verstolpert“, „überfällig“, „unwürdig“ – ich habe jetzt sehr viele kritische Meinungen zur voraussichtlichen Abstimmung über die „Ehe für alle“ am Freitag gelesen, aber ich kann’s nicht anders sagen: es ist mir piepegal. Also: das Zustandekommen, nicht die Abstimmung.
Natürlich hätte auch ich mir gewünscht, dass so eine wichtige gesellschaftliche Entwicklung nicht erst durch einen „Versprecher“ der Kanzlerin möglich wird. Natürlich hätte auch ich mir gerne das Geschwafel mancher Konservativer gespart, dass man sowas doch nicht so „Knall auf Fall“ entscheiden könne (es ist 2017, Herrgott!).
Trotzdem: das Ding ist zu wichtig, um sich jetzt mit Kleinkram aufzuhalten.
Ich glaube wirklich, dass man die positiven Auswirkungen dieser Entscheidung erst in ein paar Jahrzehnten so richtig verstehen wird. Zum einen natürlich, weil selbst strengst Konservative dann zugeben müssen, dass die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften die heterosexuellen in keiner Weise benachteiligt (war schon immer eine absurde Idee, aber dann kann man’s tatsächlich beweisen!) Zum anderen denke ich an alle, die in Zukunft hier aufwachsen werden. Ich bin fest überzeugt: wenn du in einem Land groß wirst, in dem Schwule und Lesben selbstverständlich heiraten können und dieselben Rechte wie heterosexuelle Paare haben, wird dir Homophobie noch viel eher als das erscheinen, was sie ist: sinnlose Zeit- und Energieverschwendung.
Ich glaube übrigens, der Zeitpunkt für die Gleichstellung der Ehe könnte gar nicht besser sein. Gerade im Moment erleben wir so viele rückläufige Entwicklungen, so viel Hass gegen Schwule und Lesben, egal ob in Osteuropa, in der Türkei oder sogar in Amerika, egal ob von staatlicher, gesellschaftlicher oder religiöser Seite – da kann man als vernünftige, offene und moderne Gesellschaft gar nicht laut genug sagen: „Nee, nicht mit uns, wir machen jetzt genau das Gegenteil.“
Insofern: macht’s einfach. Es wird Zeit.